5. BEEINFLUSSTE DEMOKRATIE? POLITISCHE MEINUNGSBILDUNG IM NETZ
Wenn es um demokratische Meinungsbildung geht, wirft die digitale Kommunikationskultur neue Herausforderungen und Fragen auf. So eignen sich etwa Kampagnen und Wahlen als gute Beispiele dafür, dass mit sozialen Medien und deren Diensten nachweislich Einfluss genommen werden kann. Auch neue Interaktions- und Einflussmöglichkeiten zwischen politischen Akteur_innen, gesellschaftlichen Gruppen und Bürger_innen spielen eine wesentliche Rolle: Creator_innen und Blogger_innen gestalten nicht nur unterhaltungsorientiere Inhalte, sondern positionieren sich auch in öffentlichen, politischen Debatten. Einfache Nutzer_innen erhalten im Netz eine Bühne und können ihre individuellen Positionen zu aktuellen Diskursen beitragen. Welchen Einfluss gewinnen neue Akteur_innen durch das Netz? Welche Gefahren bergen individuelle Einflussnahmen, insbesondere wenn es um diskriminierende Stellungnahmen geht? Was ist das Problem bei Hassreden (Hate Speech), v.a. in Hinblick auf rassistische oder antisemitistische Positionen? Wie können Manipulationen, gezielte Desinformationen und Hetze im Netz erkannt und bewertet werden? Wo genau lässt sich die politische Bildungsarbeit einbringen und gestalten, um menschenfeindlicher Kommunikation entgegenzusteuern?
Erkenntnisse aus dem Themenraum
Impuls 1 / Hügelmann: Durch die Omnipräsenz des Smartphones steige der Dopaminhaushalt der Menschen. Dadurch sinke die Fähigkeit, langfristig rationale (Wahl-)Entscheidungen zu treffen. Politiker_innen könnten die Wahrnehmung der Wähler_innen mit ihrem Social-Media-Auftritt maßgeblich zum Positiven beeinflussen. Der Medienwechsel hin zum Smartphone sei somit von großer Bedeutung für zukünftige Wahlergebnisse.
Impuls 2 / Ahmad Haschemi & Hoang: Menschen in der Kinder- und Jugendarbeit haben nicht nur eine Vorbildfunktion, sondern auch einen Schutzauftrag gegenüber jungen Menschen und insbesondere von Rassismus Betroffenen. Sie müssen die digitale Welt kennen, um die Jugendlichen zu verstehen und deren Schutz und die Aufklärung vor diversen Diskriminierungsformen zu gewährleisten. Die Lebensrealität von Personen, welche von mehreren Diskriminierungsformen betroffen sind, muss in ihrer Ganzheitlichkeit erkannt werden, um deren Selbstwirksamkeit stärken zu können.
Auf Social Media und Gaming-Plattformen zeigt sich eine zunehmende Interaktion von Rechtsextremen und damit eine verstärkte Handlungsbereitschaft dieser. Spiele haben oft einen politischen Hintergrund und Einfluss. Es ist wichtig, Erzählungen in Spielen zu erkennen und eine eigene Position dazu zu entwickeln. Social Media eröffnet aber auch eine neue Reichweite und Community für marginalisierte Gruppen. Einige Gaming-Communities unterstützen Demokratie und Vielfalt. In Deutschland gibt es die Keinen Pixel den Faschisten-Initiative.
Erkenntnisse aus der Gruppenarbeit
Jugendarbeit und Aufklärung sollten dort stattfinden, wo die Jugendlichen sind, z.B. in Gaming-Foren und auf Social Media. Die Gaming-Szene sollte in der Jugendarbeit mitgedacht und Smartphones gezielt im Unterricht eingesetzt werden. Es ist wichtig, die Mechanismen von Spielen und Algorithmen zu verstehen, um sich im Zweifel davon distanzieren zu können. In Kontrolle darüber zu bleiben, was man im Internet über sich preisgibt, erfordert eine hohe Medienkompetenz. Offene Frage ist dabei: Sollte Medienkompetenz dem Medienkonsum vorausgehen oder folgt Medienkompetenz aus dem Medienkonsum? Und mit welchen Folgen?
Abschlussrunde: Welche Erkenntnisse ergeben sich in Hinblick auf die außerschulische Bildungspraxis? Was bedeutet das für eine diversitätssensible Bildung?
Die Reaktion auf rezipierte Inhalte im Internet geschieht heutzutage sehr schnell: Diskriminierende Posts in den sozialen Medien würden häufig weitergeleitet, ohne sie richtig zu verstehen. Bei rassistischen Äußerungen sollte die Grenzüberschreitung sofort aufgezeigt werden, selbst wenn man das perfekte Argument nicht direkt parat hat. Das stärkt die eigene Haltung, verändert die Atmosphäre im Raum und Mitzuschauer_innen werden durch die gesehene Intervention ermutigt. Als Organisation sollte man eine Haltung zu Themen der Diversität und Digitalisierung entwickeln und diese ins digitale Netz hineintragen.
Personen
promoviert an der Universität Hamburg zum Einfluss sozialer Medien auf Wahlentscheidungen und individuelles Verhalten